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von CycloneFox » Mi 28. Jan 2015, 12:59
Es ist etwas mehr als 108 Wörter geworden. Daher entschuldige ich mich schon einmal. Ich habe jedoch versucht mich kurz zu halten. Hier kommt mein Versuch, zu Begründen, wieso ich denke, sollte man die ersten beiden Suikoden-Teile auch im Jahr 2015 noch spielen:
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Die Frage ist interessant gestellt. Sie fragt nicht, warum man Suikoden und Suikoden 2 überhaupt spielen soll, sondern warum man sie im Jahr 2015 spielen soll. Natürlich ist das Jahr an sich nicht interessant; es ist nur das Jahr des Re-Releases. Die implizite Aussage der Frage ist interessant: “Warum soll man ein altes Werk aus einem Medium konsumieren, das sich durch die Relevanz aktueller Technik auszeichnet?”
In der Regel zeichnen Videospiele sich durch aufwändige Grafik aus. Einer der Gründe, warum so genannte “Tripple A” Titel sich Millionen-fach verkaufen, liegt daran, dass sie technisch auf dem neuesten Stand sind und grafisch zeigen, was die heutige Hardware drauf hat. Die Verkaufszahlen rechtfertigen daher den Preis des Aufwands in der Produktion. Dieser Aufwand ist zwar selbst bereits ein Meisterstück, das eigentliche Spiel ist aber meistens nur ein Massenprodukt, das auf Wiederholung von etablierten Gameplay- und Story-Mechaniken aufbaut. Darüber hinaus bleiben sie nicht lange technisch aktuell und sind bereits nach kurzer Zeit überholt. Was bleibt, ist ein austauschbares und blasses Werk aus einem Medium, das zu so viel mehr fähig ist.
Analog zu anderen Medien, wie Büchern, Filmen oder Gemälden gibt es, entgegen der Annahme von Roger Ebert, auch bei den Videospielen Werke, die sich nicht dadurch auszeichnen, dass sie auf Aspekte wie aufwändige Grafik abzielen, um einen möglichst großen kommerziellen Erfolg zu haben. Stattdessen ist es die Prämisse solcher Werke, etwas darzubringen, das kulturell wertvoll ist. Suikoden und Suikoden 2 sind zwei dieser Werke. Daher haben beide Spiele nicht nur in ihrer Grafik, sondern auch in ihrem Gameplay und ihrem Inhalt Eigenschaften, die sie zeitlos machen.
Suikoden (und Suikoden 2) hat zu seiner Zeit nicht auf aufwändige 3D-Grafik gesetzt und war daher kein besonders großer kommerzieller Erfolg. Allerdings sind Konkurrenz-Spiele, die auf 3D Grafik setzten "schlecht gealtert", wie man im Volksmund gerne sagt, und sehen heute grafisch nicht mehr so erträglich aus, wie Suikoden, das heute einen charmanten “Retro-Stil” hat. Suikoden setzte bei der Grafik mehr auf großes Sprites und einen schönen Stil, was Dinge sind, die nicht altern.
Auch im Gameplay war Suikoden seiner Zeit voraus und ist noch heute gut genießbar: Ladezeiten sind kurz. Kämpfe haben ein angenehm schnelles Tempo und lösen durch ihre Dynamik Redundanzen, wie z.B. das statische Ablaufen der Kampfreihenfolge durch gleichzeitiges Angreifen auf oder können sogar mit einem Auto-Angriff komplett vorgespult werden. Die Heimatbasis ist ein Element, das Spiele wie z.B. Mass Effect bis heute versuchen nachzuäffen. Vom Spieler gewählte Charaktere bringen sich dynamisch in wichtigen Story-Events ein. Was der Spieler tut, wirkt sich manchmal weniger, manchmal sehr stark auf die Entfaltung der Geschichte aus und kann zu verschiedenen Enden führen.
Solche Eigenschaften im Gameplay sind es, für die Spiele aus Japan, wie z.B. Persona oder Bravely Default, aber auch Spiele aus dem Westen, wie z.B. Dragon Age oder Mass Effect, noch heute hochgelobt werden, die Suikoden aber schon damals hatte.
Das großartigste an Suikoden und Suikoden 2 ist und bleibt aber der Inhalt, die Geschichte, die Welt und seine Charaktere. Heutzutage erreicht die U.S. Serie “Game of Thrones” einen Kultstatus wegen Story-Elementen, die mich schon in Suikoden 2 vor 15 Jahren begeistert haben. Mehr noch als sein Vorgänger bereits, beschreibt Suikoden 2 nicht den klassischen Kampf von Gut gegen Böse in einer zweckmäßig von Tolkien abgekupferten Welt. Stattdessen ist es eine sehr persönliche Geschichte, voller Unglück und Verrat, aber auch Hoffnung, die auf der großen Bühne eines Krieges ausgetragen wird. Die Charaktere sind selten “gut” oder “böse”, sondern haben stets eine Tiefe. Der einzig wirklich böse Charakter Luca Blight ist dafür so böse, dass er jeden anderen Bösewicht in den Schatten stellt und man als Spieler vor ihm richtige Angst haben kann. Aber sogar er bietet, ohne zu viel zu verraten, nur für die erste Hälfte des Spiels ein Motiv für den Spieler und wird dann gegen den besten Antagonisten, der jemals in irgendeinem Medium zu sehen war, ersetzt.
Diese zeitlosen Eigenschaften sind der Grund, warum man Suikoden und Suikoden 2 auch im Jahr 2015 noch genauso spielen kann und sollte, wie man sie schon 1995 und 1999 spielen konnte und sollte. Als jemand der sich ernsthaft mit dem Medium ‘Videospiele’ auseinander setzen will gehören Suikoden und Suikoden 2 zur Pflichtlektüre.
Darüber hinaus ist der Soundtrack immer noch einer der besten in Videospielen, ist in sich stimmig und trägt unglaublich gut zur Geschichte der Spiele bei.
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Edit: Ich habe einige Fehler ausgebessert, Wort-Wiederholungen gestrichen und den Anfang etwas entschlackt. Ich denke nicht, dass das gegen die Regeln ist. Ich möchte einfach nur, dass der Text trotz seiner Länge wenigstens angenehm zu lesen ist.